Am 27.11.2025 durfte unser Q1-Kunstkurs in Begleitung von Frau Hartlieb die Ausstellung des Künstlers William Kentridge im Folkwang Museum in Essen besuchen. Die Führung durch die Ausstellung bot uns umfassenden Einblick in Kentridges künstlerische Methoden und die politischen, historischen und gesellschaftlichen Themen, die seine Werke prägen.
Kentridges künstlerischer Ansatz
Um Kentridges Kunst und seine Einflüsse möglichst gut zu verstehen, erhielten wir eine Führung durch die Sammlung. Schnell fiel auf, dass Kentridge stark durch den in seiner Heimatstadt Johannesburg herrschenden Kolonialismus und die daraus entstandene Apartheid geprägt wurde, die zu früheren Zeiten eine Trennung zwischen weißen Kolonialisten und größtenteils schwarzen Anwohnern bedeutete. In seinen Werken verarbeitet er als Zeitzeuge die bestehenden Ungleichheiten sowie eigene Erfahrungen. Kentridge nutzt verschiedene Methoden, um seine Gedanken auf künstlerische Art zu verewigen. Zu seinen beliebtesten Methoden gehört unter anderem das Zeichnen mit Kohle, und das Erstellen von Stop-Motion-Sequenzen, bei denen er eine einzige Zeichnung immer wieder durch Wegradieren und Hinzufügen von Spuren und Elementen verändert.
Thematischer Schwerpunk der Ausstellung
Die Ausstellung unter dem Namen „Listen to the Echo“, welche sich mit den Fragen von Reichtum, Gleichheit und gesellschaftlicher Verantwortung auseinandersetzt, zielt darauf ab, auf die genannten Missstände aufmerksam zu machen. Kentridge hinterfragt dabei, worauf Reichtum basiert und wer den Preis dafür bezahlt. Er wählt gezielt Motive wie die Farbe Blau, die in vielen seiner Werke für Wertvolles und Seltenes wie Wasser und – zu seiner Zeit – auch Strom steht, um in seinen meist in Schwarz-Weiß gezeichneten Werken einen direkten Kontrast zu erzeugen, der der betrachtenden Person sofort ins Auge fällt. Diese Symbolik regt dazu an, darüber nachzudenken, welche Ressourcen wirklich wichtig sind und wie leichtfertig der Mensch sie ausnutzt, um das zu erreichen, was er anstrebt. Deutlich wird diese Thematik in seinem Werk „The Conservationist’s Ball“ (1986), welches aus drei unterschiedlichen, mit Kohle gezeichneten Bildern besteht. Die Bildreihe, die inmitten einer feiernden Menschenmenge ein Nashorn zeigt, zielt darauf ab, die Betrachtenden zu kritischen Gedankengängen anzuregen.
Das Nashorn steht als Synonym für jene, die durch den Kolonialismus zwangsweise aus ihrem natürlichen Umfeld entfernt wurden, und für „die Weißen“, also diejenigen, die aus Ländern wie den Niederlanden nach Johannesburg strömten und Reichtum anstrebten, zum Beispiel indem sie in den entstandenen Goldminen arbeiteten. Kentridge, der selbst aus guten Verhältnissen stammt, setzt sich also mithilfe seiner Kunst gegen die Apartheid ein und zeigt der Welt die herrschende Ungerechtigkeit.
Abschließend bekamen wir die Möglichkeit, uns in der ständigen Sammlung den Film „Whiteface“ von Candice Breitz, einer südafrikanischen Künstlerin, anzuschauen. Der Film beschäftigt sich mit modernen Formen des Rassismus und mit der Frage, wie privilegierte gesellschaftliche Gruppen über Diskriminierung sprechen – oder vielmehr, wie sie nicht darüber sprechen. Breitz kombiniert Interviews, Medienmaterialien und gespielte Szenen, um den Blick auf strukturelle Ungleichheiten zu schärfen. Der Film stellt eine exzellente Ergänzung zur Kentridge-Ausstellung dar, da er ebenfalls koloniale Spuren, Machtverhältnisse und Fragen von Identität thematisiert.
Abschluss der Exkursion
Abschließend soll gesagt sein, dass die Exkursion für den ganzen Kurs insgesamt eine sehr bereichernde Erfahrung war. Sie hat uns nicht nur mit einem bedeutenden zeitgenössischen Künstler vertraut gemacht, sondern auch dazu angeregt, kritisch über Macht, Geschichte und die Rolle der Kunst im gesellschaftlichen Wandel nachzudenken.
Fynn Scheibe, Q1