DDR-Vortrag des Zeitzeugen Dr. Peter Keup über sein bewegtes Leben

Unserer Schulleitung mit Dr. Peter Keup. Foto: St.-Bernhard-Gymnasium Instagram
Foto: Gabriel Lehmann

30 Stunden und 29 Minuten – das war die exakte Zeit eines ununterbrochenen Stasi-Verhörs von Peter Keup. Am Ende war der damals 22-jährige Mann infolge Wassermangels dehydriert und erlitt einen Nervenzusammenbruch. 

Den Grund für diese Folter schilderte der 1958 in Radebeul geborene Keup am Freitag, 21.11.2025, über 250 Oberstufenschülern und Kollegen im vollbesetzten Forum des St. Bernhard-Gymnasiums in Willich-Schiefbahn.

Keup, der im Auftrag der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur tätig ist,

verlebte zunächst eine „DDR-typische“ Jugend (der Vater war als Kommunist 1956 in die DDR gezogen): Mitglied der kommunistischen Jugendorganisationen Thälmann-Pioniere und FDJ, strikt linientreu erzogen. „Ich glaubte zunächst sogar, dass die Mauer ein ‚antifaschistischer Schutzwall‛ sei.“ Bis die Großeltern aus Essen zu Besuch kamen und von Grenzschikanen und Mauertoten berichteten. 

Wegen des danach gestellten Ausreiseantrags der Eltern galt der 16-jährige Peter als „Verräter“, musste die Schule verlassen, durfte nicht mehr im Sportverein trainieren. Die ihm angebotene Alternative lautete: „Sag dich von deinen Eltern los, dann wirst du von einer Pflegefamilie adoptiert und kannst das Abitur machen.“  

Nachdem ihm sogar seine geliebte Tanzleidenschaft verboten werden sollte, sah Keup keine Lebensperspektive in der DDR mehr. Der anschließende Fluchtversuch (über die ČSSR nach Ungarn, dort über die Donau nach Österreich schwimmen) scheiterte bei der DDR-Grenzkontrolle: Keup hatte vergessen, eine Rückfahrkarte zu kaufen! Es folgten entwürdigende Leibesvisitationen, viele stundenlange Verhöre und eine zunächst viermonatige U-Haft im Stasi-Gefängnis in Dresden. Keup, der in der Haft 20 Kilogramm Gewicht verlor, berichtete über die Haftbedingungen der 2x3 Meter „großen“ Zellen mit ihren indiskutablen „Sanitäreinrichtungen“ sowie über die perfide Grenzsicherung der Berliner Mauer mit „Todesstreifen“ und Selbstschussanlagen. Am schlimmsten aber – so Keup – war die Tatsache, dass er von seinem eigenen Bruder, einem IM (Inoffizieller Mitarbeiter) der Stasi, verraten worden war.

Über Keups Schicksal wird gerade ein Film gedreht. 

Die Schülerinnen und Schüler, hochkonzentriert und betroffen, hatten viele Fragen an den Zeitzeugen: Wie schlägt man die Zeit tot, wenn man nicht einmal lesen oder Briefe schreiben darf? Wie hat er die weiteren zehn Monate Isolationshaft nach seiner Verurteilung als „Republikflüchtling“ ausgehalten? Was dachten die Eltern und Geschwister, die nichts über seinen Verbleib wussten? 

Peter Keup gelangte schließlich im März 1982 im Rahmen des Häftlingsfreikaufs in die Bundesrepublik, machte sein Abitur nach, studierte Politikwissenschaften und Geschichte und promovierte; heute lebt er in Essen. 

Das Résumé der Schüler war einhellig: „Das ging unter die Haut – solche Geschichtsstunden sollte es öfter geben!“ 

Manfred Linder